[teaser]Die Tierrechtsbewegung ist am Sonntag, den 27.02.2011, um eine ihrer engagiertesten Mitstreiterinnen – die von uns sehr geschätzte Barbara Hohensee – ärmer geworden.[/teaser]
Viele, viele Jahre lang kämpfte Barbara mit ihrer beneidenswerten charakterlichen Stärke, mit größtem Engagement und vollem Einsatz für die Rechte unserer unterdrückten Mitlebewesen, der nichtmenschlichen Tiere, und war dabei immer bis an ihre Grenzen und teilweise auch darüber hinaus gegangen. Ihre jahrelange Arbeit bei unserem Tierrechtsbündnis Berlin-Vegan stellte dabei natürlich nur einen kleinen Teil ihrer Tierbefreiungsarbeit dar. Ohne Barbara und ihren Kampfgeist wären wir des Öfteren an den Rand der Verzweiflung geraten und viele unserer Aktionen hätten ohne sie nicht stattgefunden.
Das durch den damaligen Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer unfassbarerweise zurückgenommene Käfigverbot für Legehennen und den Ersatz der Käfige durch sog. Kleingruppenhaltung (in Käfigen) wollte Barbara beispielsweise nicht einfach so durchgehen lassen und führte daher über fast drei Jahre, teilweise mehrmals wöchentlich, mit einigen wenigen Mitstreiter_innen bei Wind und Wetter regelmäßige Demos vor dem BMELV durch. Das BMELV wurde zudem – jeweils zum Tag der offenen Bundesministerien – mit kreativen Aktionen geradezu belagert. Barbaras 7-tägiger symbolischer Hungerstreik im November 2007 direkt vor dem BMELV, in einem nur 80×80×100 cm großen Käfig, durchgängig Tag und Nacht, sorgte für ein überragendes Medieninteresse und hat nach Insiderinformationen einiges in den Entscheidungen der großen Discounter zum Ausstieg aus der Hennenkäfighaltung bewirkt.
Die Aktion wurde dann von anderen Berlin-Vegan-Aktivist_innen im Jahr 2008 wiederholt und von Barbara koordiniert. Mittlerweile sind dank der Kampagne der Albert Schweitzer Stiftung, die 2008 als Schirmherr der symbolischen Hungerstreikaktion aufgetreten war, alle großen Einzelhandelsketten aus der Hennenkäfighaltung ausgestiegen.
Als Juristin hatte Barbara von Anfang an auf den Verstoß der Seehofer-Verordnung gegen das Grundgesetz sowie gegen die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts von 1999 hingewiesen. Im Oktober 2010 hat das Bundesverfassungsgericht nun der Klage von Rheinland-Pfalz gegen die Seehofer-Verordnung entsprochen. Barbara hatte die politischen Täter und Handlanger der Tierausbeutungsindustrie dazu frühzeitig und immer wieder entblößt – schaut euch hier ihr Wortgefecht mit Seehofer an! Exemplarisch ist auch ihre lebensgroße Holz-Karikatur von Seehofer, mit Geldsäckel und Hühnerkäfig in der Hand, die dieser stets selbst bei seinem morgendlichen Arbeitsantritt während der Demos vor dem BMELV begrüßen durfte.
Natürlich verfolgte die Veganerin Barbara bei den Aktionen stets das Ziel der Tierbefreiung als Ganzes und versuchte, diesem Ziel durch pragmatische Mittel Stück für Stück auch politisch näher zu kommen. Effizienz zur Veränderung der Gesellschaft und das Recht der jetzt lebenden und leidenden Tiere auf jede Leidensreduzierung standen bei ihr immer im Vordergrund, dazu hat sie stets die Forderung nach einer veganen Lebensweise in ihre Aktionen einbezogen.
Die Einstellung der großen deutschen Amtskirchen sowohl zu menschlichen als auch vor allem nichtmenschlichen Tieren und die Tatsache, dass diese Kirchen schon ihre ganze Historie lang unendliche Lichtjahre davon entfernt sind, ein humanes Leben zu fördern, waren Barbara stets mehr als ein Dorn im Auge. Auf die ständigen Verfehlungen der Amtskirchen, die insbesondere auch darin bestehen, der Tierausbeutung Vorschub zu leisten, hat sie als überzeugte Atheistin unermüdlich aufmerksam gemacht.
Zu ihren favorisierten Autoren zählten nicht von ungefähr Michael Schmidt-Salomon, Hubertus Mynarek und natürlich vor allem Karl-Heinz Deschner mit seiner „Kriminalgeschichte des Christentums“. Für die deutschen Amtskirchen gilt auch in jüngster Geschichte das Zitat von Walter Nigg: „Der Behauptung, dass es nicht so schlimm gewesen sei, muss geantwortet werden: Doch, es war schlimm, so schlimm, dass es schlimmer nicht hätte sein können!“
Barbara kämpfte auch unaufhörlich gegen egoistische Streitigkeiten einiger wortstarker Selbstdarsteller innerhalb der Tierbefreiungsbewegung. Jene, die allzu oft ein elitäres Exklusivrecht für sich oder ihre Gruppierung einfordern, wer und vor allem wie sich für Tierbefreiung und Tierrechte eingesetzt werden darf, und die keine unterschiedlichen Strategien dulden wollen. Sie nahm dabei kein Blatt vor den Mund und war nie dazu bereit, Menschen und Gruppierungen aufgrund von Gerüchten und Interessenlagen zu verunglimpfen oder sich dafür instrumentalisieren zu lassen. Im Gegenteil, für sie galt immer: „Im Zweifel für den/die Angeklagte_n“, erst recht, wenn festzustellen war, dass hier mit Mitteln der Propaganda gearbeitet wurde, um jemanden mundtot zu machen oder ganze Gruppierungen zu diskreditieren und zu diskriminieren. Ihr Ansatz war es nie, leichterdings und kampflos beiseite zu rücken, um nicht beschmutzt zu werden, sondern nötigenfalls umso mehr Beistand zu leisten und für Transparenz der Vorwürfe und Streitigkeiten zu sorgen.
Ihr Einsatz war stets von größter Aktionsbereitschaft geprägt, wobei sie einen großen Einfallsreichtum, aber auch den in unserem Engagement so wichtigen Humor bewies. Sie war ständig im Internet unterwegs, um sich für die Tiere einzusetzen, unterstützte uns immens bei unseren Aktionen wie z.B. der Demonstration gegen die Inhaftierung der österreichischen Aktivist_innen und hat uns mit Vorträgen sowie Erläuterungen zu ethischen Fragen unterstützt. Eine ihrer wichtigsten Arbeiten als Juristin war die rechtliche Unterstützung von Aktivisten und die Beurteilung von Tierrechtsfragen.
Barbara stand immer mutig zu ihren Überzeugungen und wusste diese auch äußerst fundiert zu begründen, da sie über einen extremen Wissensschatz verfügte, den sie bis zum Schluss an andere gerne hilfsbereit weitergab.
Barbaras Tod hinterlässt eine wirklich große und schmerzhafte Wunde, denn eine solch charakterstarke, intelligente und kämpferische Aktivistin findet man nur sehr selten. Doch wir können eines tun – und das hätte auch sie am meisten gewollt: in ihrem Sinne weitermachen gegen alle Widerstände und mit aller Kraft für die unfreiwillig Wehrlosen in dieser Gesellschaft kämpfen!
Barbara, Du wirst uns sowie natürlich unserer Arbeit für die Tiere und gegen den Wahnsinn auf dieser Erde immens fehlen! Und um Rudi Dutschke zu bemühen: „Der Kampf geht weiter!“ – in Deinem Sinne!